Digitaler Fortschritt ist mein Antrieb
Künstliche Intelligenz (KI) hat im vergangenen Jahrzehnt enorme Fortschritte gemacht. Dank smarter Algorithmen ist es heute möglich, Programme zu entwickeln, die große Datenmengen analysieren und so ärztliche Entscheidungen unterstützen. Voraussetzung dafür sind möglichst umfassende und aussagekräftige Daten. Fresenius Medical Care hat schon vor vielen Jahren die Weichen dafür gestellt. Diese Weitsicht zahlt sich heute aus – und ermöglicht die Entwicklung neuer Anwendungen.
Dialyse in einer angenehmen Umgebung
Terrassa vor den Toren Barcelonas ist eine bedeutende Industriestadt, mit mehr als 200.000 Einwohnern sogar eine der größten Städte in der spanischen Region Katalonien. Seit 2014 ist sie auch Standort einer modernen, auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Fresenius Medical Care Dialyseklinik. Sie gewinnt einen Teil ihrer Energie mit einer Solaranlage, und für die Bewässerung der Grünanlagen wird Restwasser gesammelt. Helle Räume mit Namen wie „Sala Modernisme“ beherbergen die neueste Dialysetechnik und bieten Patienten eine optisch angenehme Umgebung während ihrer Behandlung.
Auf einigen der in Hellblau gehaltenen Wände zum Beispiel finden sich handgemalte Motive aus der Region und der Stadt und verbreiten eine freundliche, beinahe schon private Atmosphäre. Aber das derzeit wohl interessanteste Detail im „Centro de Diálisis de Terrassa“ trägt Dr. Yamilet Ramos sehr oft in ihrer Hand: einen silberfarbenen Tabletcomputer.
Ohne dieses Accessoire ist die aus Kuba stammende Ärztin nur noch höchst selten in der Klinik unterwegs. Denn auf dem Gerät läuft eine Software, ohne die Ramos nicht mehr sein möchte: die „Doctor App“, entwickelt von Fresenius Medical Care. Sie kann Ärzten die Behandlung von Dialysepatienten deutlich erleichtern.
Die App gibt mir mehr Zeit für die Patienten und unterstützt meine Arbeit enorm.
Alle Informationen sofort zur Hand
Digitalspezialisten von Fresenius Medical Care haben sie entwickelt und an 30 spanischen Dialysekliniken in der Praxis getestet. Über die App können Ärzte in der Klinik in Echtzeit auf die Daten und die aktuellen Werte jedes einzelnen Patienten zugreifen. Schon das ist für Ramos ein Gewinn, denn so kann sie die Patienten überall beraten, aufklären und die Therapie individuell anpassen. „Sonst musste ich in mein Büro gehen oder zum Computer des Pflegepersonals, um mir erst einmal die aktuellen Werte anzusehen.“
Jetzt hat die Ärztin, die seit 2009 für Fresenius Medical Care arbeitet, alle Informationen sofort zur Hand. Das spart nicht nur Zeit und Wege, sondern kann im Fall akuter Komplikationen sogar von entscheidender Bedeutung sein. „Wenn ich am Bett eines Patienten bin und bereits hier alle aktuellen Daten habe, kann ich schnelle und bessere Entscheidungen treffen, um seine akuten Probleme zu lösen oder im Extremfall sogar sein Leben zu retten“, so Ramos.
Algorithmen helfen Ärzten
Hinzu kommt: Die Doctor App hat noch eine zweite, viel weitreichendere Ebene. Sie verfügt über künstliche Intelligenz (KI), die den Arzt bei wichtigen Entscheidungen unterstützt. Jahrzehntelang war KI eher ein Begriff aus dem Bereich Science-Fiction. Doch seit rund einem Jahrzehnt hat es in diesem Sektor enorme Fortschritte gegeben. Datenspezialisten ist es gelungen, selbstlernende Systeme zu entwickeln, Systeme also, die sich selbst neue Fähigkeiten beibringen – vorausgesetzt, sie werden mit genügend entsprechenden Daten gefüttert.
Dieses sogenannte Machine Learning hat eine Revolution in der Forschung ausgelöst und ist längst im Alltag angekommen. Ein Beispiel für die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz ist der sogenannte Anämie-Algorithmus, der in der Behandlung von renaler Anämie während der Hämodialyse eingesetzt werden kann. Die Frage, ob Patienten in diesem Fall nur Eisen oder auch Erythropoietin – also besser stimulierende Substanzen, die die Bildung roter Blutkörperchen anregen – bekommen sollen und wie die genaue Dosierung aussehen sollte, ist für Ärzte nicht immer einfach zu beantworten. Der Algorithmus kann diese Entscheidung unterstützen. „Wir reden hier über Algorithmen, die eine Vielzahl von Parametern auswerten, die ein Mensch so kaum im Kopf zusammenbringen kann“, erklärt Niklas Best, Director Digital Ecosystem bei Fresenius Medical Care, die Bedeutung digitaler Entscheidungshilfen.
Großer Datenschatz vorhanden
Best hat die Doctor App von Anfang an mitentwickelt. „Unser Ziel war ursprünglich, den Anämie-Algorithmus in einer nutzbaren Form zum Arzt zu bringen“, berichtet der Digitalexperte. Doch im Laufe der Entwicklung merkte sein Team, dass die App noch viel mehr Möglichkeiten bietet, die Arbeit der Nephrologen zu erleichtern. Und so ist die Doctor App zu einer umfassenden Anwendung geworden, die dem Arzt mit allen wichtigen Parametern dabei hilft, die richtige Therapieentscheidung am Bett des Patienten zu treffen.
Datenlieferant – und damit technologische Voraussetzung – für die Doctor App ist das EuCliD-System, eine technische Datenbank, mit der Fresenius Medical Care nephrologische Einrichtungen dabei unterstützt, ihre Therapiequalität kontinuierlich zu sichern und zu steigern. Hier werden festgelegte Indikatoren gesammelt und ausgewertet. „Fresenius Medical Care hat bereits vor langer Zeit die strategische Entscheidung getroffen, dieses System in der Abteilung Care Value e-services aufzubauen, und für uns ist das ein unglaublicher Schatz an Daten, den wir nutzen“, sagt Best. Die EuCliD-Daten werden von der KI-Gruppe bei Fresenius Medical Care in der Region EMEA genutzt, um Algorithmen zu trainieren. „Man kann sogar sagen, dass wir auf dem Gebiet der KI in der Dialyse zur Weltspitze gehören. Da müssen wir uns hinter den Softwarekonzernen aus dem Silicon Valley nicht verstecken“, stellt Best fest.
Die Digitalisierung bietet ganz neue Perspektiven für die Behandlung von Patienten. Die damit verbundenen Innovationen helfen, die Effektivität der medizinischen Behandlung zu erhöhen. Ärzte erhalten bessere Informationen für ihre Entscheidungen und Patienten über ihre Therapie.
Fresenius Medical Care’s Digitalisierungspfad
„Die Doctor App ist ein Kernelement unserer Digitalstrategie“, so Best, „aber es sind viele weitere digitale Anwendungen denkbar oder sogar bereits fertig entwickelt. Wir sind zum Beispiel dabei, alle Patientengruppen mit chronischem Nierenversagen, ob in der Heim- oder Zentrumsdialyse, mit Tools und Services zu unterstützen.“
Über die Smartphone-App „My Companion“ haben Dialysepatienten in den Kliniken von Fresenius Medical Care Zugriff auf ihre aktuellen Behandlungsdaten wie Laborergebnisse oder Medikamente. Gleichzeitig unterstützt die App die Patienten bei der Therapie und bei der Anpassung ihres Lebensstils.
Ein weiterer Bereich für zukünftige Entwicklungen betrifft die Unterstützung von Heimdialysepatienten. Das Stichwort lautet Tele-Monitoring. Die vernetzte Gesundheitsplattform „TheHub“ von Fresenius Medical Care Nordamerika bietet Ärzten Echtzeit-Zugriff auf Krankenakten von ihrem bevorzugten Gerät und ermöglicht es Heimdialyseschwestern und -pflegern, ihre Patienten besser zu versorgen. Durch tägliche Überwachung und klinische Entscheidungsunterstützung kann das Pflegeteam potenzielle Probleme früher erkennen und eingreifen, was den Heimdialysepatienten mehr Vertrauen und persönliche Unterstützung gibt.
Mit der App haben Patienten in Kliniken von Fresenius Medical Care einen Überblick über ihre Behandlungen sowie alle verschriebenen Medikamente und Laborergebnisse.
Die Plattform ermöglicht es Patienten, Pflegeteams und Ärzten, Daten aus der Ferne auszutauschen und effizienter zusammenzuarbeiten. Dies unterstützt unsere Bestrebungen, die Einführung von Heimtherapien voranzutreiben und gleichzeitig sicherzustellen, dass unsere Patienten mit ihren Pflegeteams eng in Verbindung bleiben.
Die Anwendung integriert alle wichtigen Parameter für eine Dialysebehandlung und ermöglicht es unseren Ärzten, die Behandlung individuell anzupassen und mehr Zeit für die Patienten zu haben.
Anfängliche Skepsis schnell gewichen
Das Zusammenspiel von Technik, Ärzten und Patienten wird sich durch den Einsatz digitaler Technologien in einigen Bereichen verändern. Ärzte erhalten mehr Zeit, die sie für den Kontakt mit den Patienten nutzen können. Diese wiederum erhalten mehr Informationen und können sich besser in die Therapie einbringen. Doch erst einmal werden neue Technologien natürlich kritisch beäugt. „Die anfängliche Skepsis gegenüber der Doctor App ist aber während der Testphase schnell gewichen. Zum Schluss gab es teilweise sogar überschwängliche Reaktionen, wenn wir in die Klinik kamen“, so die Erfahrung von Best.
Die meisten Ärzte, die an der Einführung in Spanien beteiligt waren, sind heute ebenso überzeugt von der Anwendung wie Ramos. Für Best ist klar, dass die App den Alltag der Ärzte sehr vereinfacht hat: „Viele von ihnen haben gemerkt, dass sie endlich wieder tun können, wofür sie Arzt geworden sind, nämlich Patienten behandeln.“ Für ihn steht fest, dass sich die Digitalisierung in der Medizintechnik weiter fortsetzen wird. „Es wird in Zukunft kaum noch eine ärztliche Entscheidung geben, die ohne die Unterstützung von Algorithmen gefällt wird. Einfach, weil das Risiko sonst zu hoch ist“, ist sich Best sicher und prophezeit: „Wir sehen hier gerade erst die Anfänge.“